12.08.2015 – Der BGH hat am 29.07.2015 (Az. IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14) erneut zur Rückabwicklung von
Lebens- und Rentenversicherungen entschieden. Er hat klargestellt, dass Versicherer die Abschluss- und Verwaltungskosten von dem Rückzahlungsanspruch des Versicherten nicht abziehen können.
Widerspruchsmöglichkeit ist Voraussetzung
Erklärt der Versicherungsnehmer bei einer
Lebens – oder Rentenversicherung berechtigterweise den
Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ist dieser Vertrag rückabzuwickeln. Der
BGH hatte hierzu bereits mit
Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, klargestellt, dass
Versicherungsnehmer nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien zurückverlangen können, da sie sich die Vorteile des genossenen Versicherungsschutzes anrechnen lassen müssen. Welche Vorteile in Abzug zu bringen sind, war bislang aber offen. Viele Versicherungsunternehmen waren nach der Entscheidung des
BGH vom 07.05.2014 zu ihren Gunsten und zu Lasten des widersprechenden Versicherungsnehmers dazu übergegangen nicht nur den Risikoanteil, sondern auch die Abschluss- und Verwaltungskosten von den geleisteten Prämien abzuziehen. Der
BGH hat dieser einseitigen Praxis der Versicherer zu Lasten der Versicherungsnehmer eine Abfuhr erteilt.
Abzug des Risikoanteils und der Kapitalertragssteuer
Der
BGH hat in seinen
Urteilen vom 29.07.2015 (Az. IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14) nun geklärt, wie die Rückabwicklung konkret zu erfolgen hat. Die Urteile liegen noch nicht in schriftlicher Form vor. Den Pressemitteilungen des BGH ist aber zu entnehmen, dass von den geleisteten Prämien die bis zur Kündigung des Versicherungsvertrages auf die Prämien entfallenden Risikoanteile als wirtschaftlicher Ausgleich für den Versicherungsschutz in Abzug zu bringen sind. Weiter muss sich der Versicherungsnehmer die von dem Versicherer an das Finanzamt bei Auszahlung des Rückkaufswertes erbrachte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag als Vermögensvorteil anrechnen lassen.
Abschluss- und Verwaltungskosten dürfen nicht abgezogen werden
Die
Verwaltungskosten und
Abschlusskosten sind dagegen nicht zu berücksichtigen. Denn die Verwaltungskosten sind unabhängig von dem jeweiligen Versicherungsvertrag angefallen und beglichen, so der
BGH. Bei den Abschlusskosten ist es aus verbraucherrechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt, dem Versicherungsunternehmen das Risiko eines Widerspruchs aufzuerlegen.
Versicherer muss aus den Prämien gezogene Nutzungen zahlen
Grundsätzlich muss der Versicherer auch die aus den geleisteten Prämien gezogenen
Vorteile an den Versicherungsnehmer bezahlen. Wie hoch diese
Nutzungen sind, muss der Versicherungsnehmer darlegen und ggf. beweisen.
Durch die aktuellen Urteile wird erneut deutlich, dass der Widerspruch bei
Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, die in den Jahren 1994 bis 2007 abgeschlossen wurden, für den Versicherungsnehmer wirtschaftlich günstiger ist als die Kündigung. Wir beraten Sie gerne!
Ansprechpartnerin: Rechtsanwältin
Faye Tontsch