23.06.2015 – Der Bundesgerichtshof wird vorerst nicht über die Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bei einem Immobiliendarlehen entscheiden. Die Kläger haben ihre auf Rückerstattung geleisteter Zinsen sowie auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gerichtete Revision (Az. XI ZR 154/14) zurückgenommen. Wir vermuten, dass der Revisionsrücknahme eine außergerichtliche Einigung der Bank mit den Klägern zugrunde liegt, um die Verhandlung und negative Publicity zu verhindern.
Streit um ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung der Bank
Im zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger im März 2007 zwei Darlehensverträge von Dritten übernommen und in diesem Zusammenhang zwei Widerrufserklärungen unterzeichnet. Die Darlehen lösten die Kläger zum 31.12.2008 ab. Mit Schreiben vom 28.12.2011 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Übernahmeverträge gerichteten Willenserklärungen. Gegenstand des Rechtstreits war neben des Bestehens eines Widerrufsrechts die Frage, ob das Widerrufsrecht nicht zumindest verwirkt ist.
OLG bejahte Fehler in Widerrufsbelehrung
Das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg hatten die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Hamburg erachtete zwar anders als das Landgericht die Widerrufsbelehrungen für fehlerhaft und daher für nicht geeignet, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Das Widerrufsrecht sei aber zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung im Dezember 2011 verwirkt gewesen. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts lagen die Voraussetzungen der Verwirkung vor, weil die Fehler der Widerrufsbelerhung nicht geeignet gewesen seien, die Kläger von einer Erklärung des Widerrufs abzuhalten, und weil zudem seit Vertragsschluss geraume Zeit verstrichen sei. Zwischen Vertragsschluss und Widerruf hätten mehr als vier dreiviertel Jahre, zwischen der vollständigen Abwicklung der Darlehen auf Wunsch der Kläger und dem Widerruf hätten drei Jahre gelegen. Die Beklagte habe nach so langer Zeit darauf vertrauen dürfen, dass die Darlehen erledigt seien und ein Widerruf nicht mehr zu erwarten stehe.
Verhinderung eines verbraucherfreundlichen Urteils
Stiftung Warentest weist auf „test.de“ darauf hin, dass die Widerrufsbelehrungen bei rund 80% der von Oktober 2002 bis 2010 geschlossenen Immobilienkreditverträge fehlerhaft seien. Die Stiftung geht davon aus, dass die beklagte Bank den Klägern im aktuellen Fall ein lukratives Angebot gemacht hat, damit diese ihre Revision zurückziehen. Denn viele Bankenrechtler hätten ein verbraucherfreundliches Urteil erwartet.
Nach unserer Rechtsauffassung kann eine Verwirkung durch die Ablösung des Darlehens allein nicht eintreten. Darlehensnehmer gehen in der Regel aufgrund der Widerrufsbelehrung davon aus, dass ihr Widerrufsrecht durch Fristablauf bereits erloschen ist. Mangels Kenntnis der Darlehensnehmer von ihrem „ewigen“ Widerrufsrecht, kann bei Banken kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen.