VW – Dieselskandal

Nahezu die gesamte Dieselflotte von Volkswagen mit Dieselmotor ist vom Abgasskandal betroffen. Sowohl die kleineren VW-Motoren des Typs EA189 und EA288 als auch die 3.0 Liter V6 Motoren, die von Audi entwickelt wurden, enthalten unzulässige Abschalteinrichtungen. Zu den meisten Volkswagenmodellen mit Dieselmotoren existiert bereits ein verpflichtender Rückruf des Kraftsfahrt-Bundesamts.

Als betroffener VW-Besitzer haben Sie Anspruch auf Schadensersatz. Höchstrichterliche und obergerichtliche Entscheidungen haben dies bestätigt.

Aufgrund unserer Expertise aus mehr als 750 Klageverfahren gegen Volkswagen können wir schnell eine fundierte Einschätzung zu Ihrem Anliegen abgeben und dieses erfolgreich umsetzen. Je nach Motorisierung Ihres Fahrzuegs stellt sich die Rechtslage im Einzelnen wie folgt dar:


VW-Fahrzeuge mit dem Motortyp EA189

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.05.2020, Az. IV ZR 252/19 entschieden, dass die VW AG den Eigentümern, in deren Fahrzeug ein EA 189 Motor verbaut ist, zum Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet ist. Viele Geschädigte hatten sich an der Musterklage gegen VW vor dem OLG Braunschweig angemeldet. VW bot hier jedoch regelmäßig nur einen Bruchteil als Vergleichsbetrag an als der Schaden, dessen Ersattung den Geschädigten zugestanden hätte. Derjenige, der sich durch ein soclhes Angebot nicht abspeisen lassen wollte, musste klagen.

Die Einreichung solcher Klagen ist mittlerweile nur noch bedingt möglich, da zwischenzeitlich oftmals – je nach Kenntnis des Eigentümers – die Verjährung eingetreten ist. Es existiert jedoch folgende Ausnahme: Handelt es sich um ein Neufahrzeug, kann der Anspruch auf den § 852 BGB gestützt werden, so dass die Einrede der Verjährung ins Leere geht. § 852 Satz 2 BGB sieht – im Gegensatz zur dreijährigen Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB – eine Verjährungsfrist von 10 Jahren vor.

Voraussetzung ist allerdings, dass das Fahrzeug vor der Adhoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und den weiteren Veröffentlichungen der VW AG erworben wurde. Wie der Bundesgerichthof am 30.07.2020, Az. IV ZR 5/20 entschieden hat, habe Volkswagen nach dem Bekanntwerden des Skandals im Herbst 2015 sein Verhalten geändert. Eine Täuschung und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Käufern durch VW sei danach nicht mehr feststellbar.


VW-Fahrzeuge mit 3.0 Liter Motoren

Der Dieselskandal hat längst auch Fahrzeuge des VW Konzerns mit höherer Motorleistung erreicht. Konkret geht es um Dieselfahrzeuge, in welche der von der Audi AG hergestellten Dreilitermotor EA897 bzw. EA 897 evo eingebaut ist. Diese finden sich vor allem in Fahrzeugen des Typs VW Touareg, Phaeton und Amarok sowie Audi A4, A5, A6, A7, A8, Q5, SQ5, Q7 und Porsche Cayenne Diesel, Panamera und Macan S wieder.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat bereits zahlreiche verpflichtende Rückrufe angeordnet. Diese Rückrufe haben in der Rückrufdatenbank des Kraftfahrtbundesamtes den Code 23X6. Nach den Angaben des KBA kommen teilweise fünf ineinander übergreifende Strategien zur Anwendung, um das Emissionskontrollsystem in unzulässigerweise Weise zu beeinflussen.

Bereits zahlreiche Land- und Oberlandesgerichte, wie bspw. das Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 18.09.2020, Az. 8 U 39/20, und das Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 16.10.2020, Az. 11 U 2/20, haben den VW Konzern zum Schadenersatz verurteilt. Auch das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 12.03.2020, Az.: 3 U 55/19 ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts Bonn aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.


VW-Fahrzeuge mit dem Motortyp EA288

Die Volkswagen AG steht seit einiger Zeit im Verdacht, auch beim EA288, dem Nachfolgemotor des EA 189, eine oder gar mehrere illegale Abschalteinrichtungen bei der Abgasnachbehandlung installiert zu haben. Der von VW hergestellte Motor ist in Fahrzeugen mit 1,4, 1,6 und 2,0 l Dieselmotoren der Marke VW, Audi, Skoda und Seat verbaut. Neben dem Thermofenster, welches bei fast allen Dieselmotoren der Euroklasse 5 und 6 installiert ist, stehen die

  • sogenannte „Fahrkurvenerkennung“, die erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand steht oder real im Straßenverkehr bewegt wird,
  • eine Deaktivierung des sogenannten „On-Board-Diagnose-Systems“ (OBD), und
  • Konformitätsabweichungen, die für Überschreitungen der NOx-Werte und für Probleme während der Regenerierungsphase des Dieselpartikelfilters sorgen, im Raum.

VW dementiert bislang das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtung in dieser Motorenbaureihe. So beteuert VW in einer eigens dafür geschalteten Webseite sogar, dass EA288-Klagen absolut erfolglos seien und sich nicht „lohnen“ würden.

Richtig ist, dass sich Gerichte aufgrund der anfangs immer schwierigen Beweisbarkeit zunächst schwer taten, VW zu verurteilen. Die Urteile gegen VW häufen sich in den letzten Monaten jedoch zunehmend. Ein Grund hierfür ist unter anderem, dass zwischenzeitlich interne VW-Dokumente veröffentlicht wurden, welche Manipulationen auch beim EA 288 Motor nahelegen. Hinzu kommen die Recherchen des Handelsblatts und des SWR. Immer mehr Gerichte schauen deshalb jetzt genauer hin und kommen zu dem Schluss, dass VW ihre Kunden auch bei diesem Motortyp sittenwidrig getäuscht hat.

So haben beispielsweise bereits das Landgericht Ravensburg, das Landgericht Duisburg, das Landgericht Oldenburg, das Landgericht Düsseldorf und mehrfach das Landgericht Darmstadt verbraucherfreundlich entschieden. Verschiedene Oberlandesgerichte, darunter Köln und Celle, haben Hinweis- und Beweisbeschlüsse erlassen. Einem von uns vertreten Mandanten sprach das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 11.08.2020, Az. 8 O 114/20 ebenfalls Schadenersatz zu.

Ansprechpartner: Rechtsanwälte Florian Johst, Anja Richter und Sabine Odenwald

 

 

EuGH urteilt zum Dieselskandal: das Thermofenster ist illegal

Hintergrund

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 17.12.2020 unter dem Aktenzeichen C-693/18 entschieden, dass das in fast jedem Diesel-Fahrzeug verbaute „Thermofenster“ eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Das Urteil hat große Auswirkungen auf eine Vielzahl laufender und noch anstehender Prozesse gegen diverse Fahrzeughersteller. Die Erfolgsaussichten für die erfolgreiche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen sind so hoch wie nie.

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Hintergrund

Streitgegenständlich war ein Verfahren gegen Volkswagen in Frankreich. Das Gericht in Paris wollte vom EuGH wissen, ob die unter „Thermofenster“ bekannt gewordene Abschalteinrichtung illegal ist und ob sie sich aus Motorschutzgründen rechtfertigen lässt. Denn jeder Fahrzeughersteller muss seine Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 so konstruieren, dass die zulässigen Emissionswerte im Straßenbetrieb eingehalten werden. Das bestimmt die EG-Verordnung 715/2007. Abschalteinrichtungen sind danach bei der Abgasrückführung unzulässig. Es sei denn, sie dienen dem Schutz des Motors.

Abschalteinrichtungen sind illegal

Die Richter des höchsten europäischen Gerichts urteilten nun: Ein Autohersteller darf in ein Fahrzeug keine Abschalteinrichtung einbauen, welche systematisch die Leistung des Emissioskontrollsystems verbessert, um damit die Zulassung zu erreichen. Der EuGH folgte hier vollumfänglich den Anträgen der Generalanwältin Eleanor Sharpston. Diese positionierte sich in ihrem Schlussantrag bezüglich des Thermofensters entsprechend. Sie bewertete alle Abschalteinrichtungen als illegal, wenn die Fahrzeuge dadurch im normalen Straßenbetrieb mehr Schadstoffe ausstoßen als auf dem Prüfstand.

Enge Grenzen für Ausnahmen

Der EuGH stellte zudem unmissverständlich klar, dass eine Abschalteinrichtung nur dann ausnahmsweise erlaubt ist, wenn der Motor ohne die Abschalteinrichtung unmittelbare Schäden erleidet oder wichtige Funktionen ausfallen. Die Verhinderung von Verschleiß oder Verschmutzung ist deshalb kein Rechtfertigungsgrund.

Das in der Verordnung aufgestellte Verbot würde völlig ins Leere laufen, wenn die Hersteller auf die Abschalteinrichtungen allein mit dem Ziel zurückzugreifen könnten, den Motor vor Verschmutzung und Verschleiß zu bewahren, so die plausible Begründung.

Schadenersatz gegen viele Hersteller möglich

Das Urteil bedeutet einen weiteren Meilenstein im Abgasskandal. Es wird vielen betroffenen Fahrzeugeigentümern bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen helfen. Dies gilt nicht nur für Eigentümer von Fahrzeugen der Marke Volkswagen, sondern auch Audi, Porsche, Fiat, SEAT, Skoda, Opel, BMW und vor allem Daimler. Insbesondere Daimler hatte die Verwendung eines Thermofensters nie bestritten, sich aber stets auf den Standpunkt gestellt, ein solches sei aus Motorschutzgründen zulässig. Diese Argumentation ist nun nicht mehr möglich.

Gerne prüfen wir Ihre individuellen Erfolgsaussichten. Ein Erstgespräch ist für Sie kostenlos.